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Die ev. Pfarrkirche Simon und Judas ist im spätgotischen Stil erbaut. Baumeister war Peter von Koblenz. Er baute damals gleichzeitig mit der Heutingsheimer Kirche im Auftrag von Graf Eberhard im Bart die Amanduskirche in Urach. Der Schlussstein des Sakristeigewölbes trägt sein Meisterzeichen.
Hans v. Stammheim gab den Auftrag zum Bau der Kirche mit netzrippengewölbtem Chor und Westturmanlage. Das Jahr der Erbauung, 1487, ist im Türsturz und im Chor festgehalten. In den Gewölbeschlußsteinen des Chors sind die Kirchenpatrone Simon und Judas sowie Maria mit dem Jesuskind dargestellt, ein Zeichen, dass sie sowohl der Gottesmutter als auch den Aposteln geweiht war.

Über einem Seitenfenster hat sich der Erbauer mit seinem Familienwappen – dem Grünspecht auf silber- rotem Schild dargestellt. Das schachbrettartige Wappen daneben ist das der Herren von Sperberseck, die zeitweilig das Kirchenpatronat innehatten.

Aus der Erbauungszeit der Kirche ist der Kanzelträger, ein aus Stein gehauener kniender Mann in Bauerntracht mit Schlapphut und einem Hufeisen, das hinten am Gürtel hängt. Seine Hand stützt sich auf einen runden Laib Brot, ein Hinweis darauf, dass der Lohn wohl eher in Naturalien als in barer Münze ausbezahlt wurde.

Anton Pilgram, der Wiener Dombaumeister, hat diese Figur geschaffen. Um das Jahr 1480 wurde er zum Bau des Chores der Heilbronner Kilianskirche berufen, wo er auch das berühmte Sakramentshaus schuf. Dann war er einige Jahre an der Kirche in Wimpfen im Tal beschäftigt. Ähnliche Kanzelträger gibt es noch in den Museen in Öhringen und Rottweil. Diese Figuren entstanden wohl um 1490; denn Pilgram verließ um 1500 das Schwabenland. In allen Kanzelträgern hat sich, wie man annimmt, Pilgram selbst dargestellt.

Zu den merkwürdigsten Zeugnissen kunstgeschichtlicher Vergangenheit gehört das maskenhafte, in einem sehr spitzen Kinn fast keilförmig auslaufende Gesicht rechts oberhalb der Kanzel. Die Deutung bleibt schwierig. Bis zur Kirchenrenovierung in den Jahren 1907/08 war die sogenannte „Fratze" mit dem Gesicht in eine Wand eingemauert. Solche Fratzen sollten im Hochmittelalter das Heidentum symbolisieren und dienten als Säulenkonsolen. Der Säulenstumpf könnte von einem Seitenaltar herrühren, wie er auch in Eglosheim nachgewiesen ist. Es war der Verdienst von Professor Dr. Oscar Paret, das figürliche Bruchstück wiederentdeckt und der Nachwelt erhalten zu haben.

Auf dem Turm der Kirche befindet sich noch eine Glocke von 1492, (dem Jahr der Entdeckung Amerikas) gegossen von Pantleon Sidler von Esslingen, mit dem Wappen der Stammheimer. Levin von Kniestadt, der Erbauer des Schlosses, und seine Gattin wurden im Chor der Kirche bestattet. Die Grabplatten sind heute an der Nordseite der Kirche aufgestellt.

Der kleine Friedhof liegt geschützt hinter Kirche und Mauer und sperrt so den Verkehrslärm und Hektik aus, er lädt zum Verweilen ein. Ein Rundgang führt am Grab von Pfarrer Paul Aldinger und seiner Familie vorbei.

Das Pfarrhaus neben der Kirche wurde 1730 von der Familie von Kniestedt errichtet. 1970 wurde das Gebäude ein Opfer der Flammen. An seiner Stelle steht heute ein modernes Pfarrhaus. Übriggeblieben ist das Wappen der Erbauer über der in den Neubau integrierten Türrahmung.

Einer der bedeutendsten Heutingsheimer Pfarrer war der Magister Johann Friedrich Christmann, der von 1784-1817 hier sein Amt ausübte. 1752 in Ludwigsburg geboren, hatte er 1766 die Klosterschule in Denkendorf, dann das Tübinger Stift besucht. Wanderjahre als Vikar und Hofmeister führten ihn von Lustnau über die Schweiz nach Zuffenhausen, Karlsruhe, Daisbach bei Sinsheim und zurück nach Aldingen und Heutingsheim. Er war Pfarrer, Musiker, Musikwissenschaftler, Literat und Pädagoge, machte sich besonders um den Kirchengesang verdient und vertonte lange vor Beethoven Schillers Lied „An die Freude". Sein Grabstein stand an der Südseite der Kirche, ist jedoch bei den umfangreichen Sanierungsarbeiten in den 70er Jahren abhanden gekommen.

Weiter ist Pfarrer Otto Paret, der Vater Oscar Paret, des „Vaters der württembergischen Archäologie" zu nennen, der 1892-1929 die Pfarrstelle innehatte. In den Ruf, ein unübersehbares Original zu sein, brachte ihn seine Vorliebe für eingestimmte Orgeln, Klaviere und Gitarren, wofür er sogar ein Reichspatent erhielt, sowie für die Konstruktionen von Flugmodellen und Kastendrachen.

(Quelle Auszug Broschüre der Stadt Freiberg ; Gesamtausgabe kann an der Pforte des Rathauses für 2,50 € erworben werden.)

Einige Gedanken zum Namen unserer Kirche

Am Anfang schien es ganz einfach. Man war sich im Kirchengemeinderat einig, die ,,namenlose" Kirche in Heutingsheim wieder nach ihren Kirchenpatronen zu benennen und die 500jährige Widerkehr der Vollendung des Kirchenbaus dazu zum Anlaß zu nehmen. Doch was anderwärts problemlos möglich ist, gab hier einige Schwierigkeiten. Die beiden Kirchenpatrone selbst bereiteten wenig Kopfzerbrechen. Seit 500 Jahren blicken sie vom spätgotischen Netzgewölbe ernsthaft und nachdenklich herab; zwei bärtige Apostel Jesus Christi, in den Händen die Werkzeuge, durch die sie ihre Überzeugung mit dem Leben bezahlten: Simon mit der Säge und Judas mit der Hellebarde. Ihnen wurde das Kirchengebäude im Jahre 1487 geweiht, sie gaben ihm ihre Namen. Wir haben aus dieser Zeit zwar keine schriftlichen Belege, doch der Platz der beiden im Gewölbeschlußstein über der Stelle, an der ursprünglich der Hochaltar stand, läßt keinen Zweifel daran.

Außerdem werden sie in den Rechnungen der Heiligenpflege, die das ,,Vermögen" des jeweiligen Kirchenpatrons verwaltete, mit Namen genannt: ,,deß Heyligen daselbsten, Beder Heyligen Apostel Simonis et Juda" (1683/84). Doch genau das war das Problem. Seit alters werden die beiden Jünger Jesu und späteren Apostel in der römischen Kirche zusammen verehrt. Zusammen hatten sie nach der Überlieferung das Martyrium erlitten, und gemeinsam wird ihrer auch am selben Tag gedacht: am 28. Oktober. Dieser Tag,,Simon und Juda" war ein fester Begriff im bäuerlichen Kalender. Auf ,,Simon und Juda" endete beispielsweise die gemeindliche Gänsehut, kurz ehe die Gänse dann ,,auf Martini" in die Kachel wanderten. Im Festkalender der Evangelischen Landeskirche Württemberg ist der 28. Oktober immer noch als ,,Tag der Apostel Simon und Judas" vermerkt. Die beiden Heiligen gehörten zweiffellos zusammen - doch wie wird daraus ein brauchbarer Name für eine Kirche? Mit einem Nikolaus oder einem Hl. Amandus ist das einfacher! Bei anderen gleichnamigen Kirchen sich umzusehen, hatte nicht viel Sinn. Simon und Judas sind als Kirchenpatrone selten, und die wenigen ihnen geweihten Kirchen sind katholisch und mit ,,St. Simon und Judas" richtig und sinnvoll benannt. Der aufmerksame Leser hat vielleicht auch schon die zweite Schwierigkeit erkannt: Juda oder Judas? Unsere lokale Überlieferung spricht konsequent von ,,Simon und Juda". Nun wird aber der hebräische Eigenname ,,Jehuda" im griechisch verfaßten Neuen Testament genauso konsequent,,Judas" geschrieben. Wollte man hier mit der Form ,,Juda" einer unangenehmen Verwechslung des Jüngers und Apostels Judas, der in den Evangelien auch ,,Thaddäus" genannt wird, mit dem anderen Jünger Judas, dem ,,Iskariot" vermeiden? Oder war der Gleichklang des Namens gar der Grund, daß der Name unserer Kirche im Lauf der Jahrhunderte in Vergessenheit geriet? Wir entschlossen uns, den Partner des Simon so beim Namen zu nennen, wie er im Neuen Testament bezeugt ist: Judas. Wir entschlossen uns auch, entgegen üblicher Tiadition, nicht für die bindestrichreiche Fassung ,,Simon-und-Judas-Kirche", sondern für eine klare Aussage: EVANGELISCHE KIRCHE SIMON UND JUDAS So sind die beiden Jünger auch im Neuen Testament bezeugt: ,,Thaddäus und Simon Kananäus" (Mt. 10, 3+4), ,,Thaddäus und Simon Kananäus" (Mk. 3, 18), ,,Simon genannt der Zelot; Judas, den Sohn des Jakobus" (Lk. 6, 15+16), ,,Simon der Zelot und Judas, der Sohn des Jakobus" (Apg. 1, 13). In Joh.14,22, bei einer der Abschiedsreden Jesu beim letzten Mahl heißt es ausdrücklich: ,,Spricht zu ihm Judas, nicht der lskariot". Die Hinweise und Beinamen sind notwendig, denn im Jüngerkreis gab es einen weiteren Simon, nämlich den Petrus, und auch den anderen Judas, den Iskariot. ,,Schimon" und ,,Jehuda" waren zur Zeit Jesu recht gebräuchliche Vornamen. Die Beinamen lassen aber auch, zumindest bei Simon, auf die Person schließen: ,,Zelotes" (griech.) bzw. ,,Kananäus" (hebr.) weisen ihn als ehemaligen Angehörigen der terroristischen Widerstandsgruppe aus, die, getrieben von religiösem Fanatismus, das Land gewaltsam von den Römern befreien wollte. Für diesen Mann bedeutete die Zugehörigkeit zu dem Kreis um Jesu eine radikale Absage an die Gewalt und eine Umkehr zu gewaltfreiem Leben und Denken im Sinne Jesu. Über die Tätigkeit der beiden Apostel als Verkünder der Botschaft ihres Herrn erfahren wir aus dem Kanon des Neuen Testaments nichts. Im apokryphen Material zum Neuen Testament gibt es die sogenannte ,,Abgarsage", ein Text aus der Kirchengeschichte des Eusebius. Sie berichtet von einem Briefwechsel Jesu mit dem König Abgar V. Ukkama (9-46 n. Chr.) von Edessa in Syrien. Darin bittet der König Jesus brieflich, ihn von einer quälenden Krankheit zu heilen und bietet ihm gleichzeitig seine Stadt als sichere Zuflucht vor den Nachstellungen der Juden an. Jesus lehnt in seinem Antwortschreiben das Angebot ab, weil er seine Aufgabe in Palästina erfüllen müsse. Er kündigt dem König aber den Besuch eines Jüngers an, der ihn heilen und ihm und den Seinen das Leben bringen wird. Dieser Jünger war Judas Thaddäus. Der Überlieferung nach schickte ihn der Apostel Thomas nach dem Tode Jesu nach Edessa, wo er den König heilte und das Land christianisierte. Nach einer anderen Legende wirkte Judas später dann zusammen mit Simon, der aus Ägypten, wo er bisher gelehrt hatte, zu ihm gestoßen war, in Syrien und Mesopotamien. Dann zogen beide weiter nach Persien, wo sich ihr Schicksal erfüllen sollte. Die Baradach-Legende erzählt, wie die beiden Apostel dem persischen König Sieg und Frieden prophezeien, die auch bald eintreffen, und ihn danach mit seinem Hofstaat und vielen Leuten des Landes taufen. In Heilungen zeigen sie die Kraft Gottes. Aufgefordert, diese Kraft in den Dienst des Königs zu stellen und seine Feinde zu besiegen, antworten sie:,,Nicht zu töten, sondern lebendig zu machen, sind wir gekommen." Weitere Wunderheilungen bringen sie schließlich in Konflikt mit den Zauberern und Priestern der alten Religion, die den Judas erschlagen und den Simon mit einer Säge umbringen. So berichten die Heiligenlegenden. Was aber bringt einen evangelischen Kirchengemeinderat dazu, den alten Namen aufleben zu lassen und seine Kirche wieder nach den beiden heiligen Aposteln Simon und Judas zu benennen? Daß die Heutingsheimer Kirche als einzige in Freiberg bisher nicht beim Namen genannt werden konnte, reicht als Begründung nicht aus. Mit dieser erneuten Namensgebung knüpfen wir bewußt an die lebendige Geschichte des Evangeliums an, wie sie mit den Jüngern und Aposteln Jesu Christi begonnen hat und bis heute wirkt. Weitergetragen durch Menschen, die bereit sind, dieses Evangelium zu verkünden und konsequent zu leben, auch in einer gleichgültigen oder feindseligen Umgebung. Bezeugt durch Menschen, die sich nicht scheuen, diesen Konflikt auszutragen und gegebenenfalls ihr Leben dafür einzusetzen, auch wenn dieser letzte Einsatz bei uns gegenwärtig nicht gefordert wird. Für dies alles stehen beispielhaft Simon Zelotes und Judas Thaddäus. Die katholische Kirche nennt sie ,,Heilige". Sie waren sicher nicht bestrebt, dies zu werden. Sie waren Menschen ihrer Zeit, die sich allerdings von anderen dadurch unterschieden, daß sie in lebendiger Gemeinschaft untereinander und mit ihrem Herrn Jesus Christus unter ihren Zeitgenossen so zu leben vermochten, wie es ihnen Jesus bei der Aussendung (Mt. 10) und nach seiner Auferstehung gewiesen hatte. In diesem Sinne können ,,Heilige" auch evangelischen Christen Vorbild sein. Die Kirche Jesu Christi als ,,Gemeinschaft der Heiligen", wie wir gemeinsam im Glaubensbekenntnis beten, kennt letztlich keine Unterschiede.

(Quelle: 1487 - 1987 Kirche Simon und Judas Heutingsheim)

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