Den Abend des 5. Oktober 2023 hätte man als Freiberger „Blick-in-die-Zukunft-Abend“ bezeichnen können. Denn während im PRISMA ein Preisgericht über das Siegermodell des neuen Freiberger Ortszentrums entschied, hatte man beim Visitations-Hearingsabend im Gemeindehaus Vogelsang ebenfalls drei Zukunftsthemen im Visier: das in dem Ortsmitte-Modell vorgesehene Haus der Kirche, den PfarrPlan 2030 und die Frage, wie sich die Kirche bei der Schulkindbetreuung einbringen könne.
Es sollte ein ebenso informativer wie auch interessanter Abend werden, zu dem die Kirchengemeinde Gemeindeglieder und interessierte Freiberger Bürger eingeladen hatte. So kamen auf der Bühne des großen Saals zu allen drei Schwerpunkten kompetente Experten zu Wort, die ebenso wie die Pfarrer Burger und Wirsching ausführlich auf die Fragen von Dirk Ziegenbein eingingen, der den Abend moderierte. Anschließend stellten sich die Experten für den Austausch in kleineren themenbezogenen Gesprächsgruppen zur Verfügung, in denen sich die Besucher mit ihren Ideen, aber auch Fragen einbringen konnten. Neben Dekan Michael Werner und Schuldekan Dr. Andreas Löw waren als Ansprechpartner für Fragen zum PfarrPlan Dr. J. Thomas Hörnig, Professor an der Evanglischen Hochschule Ludwigsburg und Mitglied der Landessynode, gekommen, zum Thema Haus der Kirche Jan Sebastian Herrmann, Referatsleiter Bau- und Gemeindeaufsicht beim Oberkirchenrat, und in Sachen Schule der Schulleiter der Flattichschule Folkert Schröder und Oliver Pum, Referent für die Kooperation von Kirche, Jugendarbeit und Schule in der Landeskirche.
Als ein „Elend“ bezeichnete Prof. Dr. Hörnig den PfarrPlan 2030. Es ist der fünfte und - hoffentlich letzte - Pfarrplan in Folge und er sieht weitere Pfarrstellenreduzierungen vor (in Freiberg auf eineinhalb bis eindreiviertel Stellen). Allerdings sei es unumgänglich, der rückläufigen Zahl der Kirchenmitglieder im Land (sie wird sich bis 2060 voraussichtlich halbieren), der Pfarrpersonen und der Kirchensteuereinnahmen Rechnung zu tragen. Wichtig zu wissen: Der Plan greift bereits ab dem Jahr 2025, d.h. in den Jahren 2025 bis 2030 evtl. frei werdende Pfarrstellen sollen dann schon nicht mehr besetzt werden.
Den Kürzungen soll mit einem „regiolokalen Konzept“ begegnet werden, d.h. dass die Pfarrer einer "Region" teilweise gemeindeübergreifend tätig sein sollen oder etwa gemeinsame Gottesdienste angeboten werden sollen. Es ist vorgesehen, dass Freiberg mit Asperg, Möglingen und Tamm eine Region bildet. Den in den Gesprächsgruppen aufkommenden Gedanken, Freiberg eher mit den Nachbargemeinden Ingersheim, Pleidelsheim und Benningen zu vernetzen, hielt Hörnig angesichts der unterschiedlichen Dekanatszugehörigkeiten der vier Gemeinden für schwer umsetzbar. Dennoch ermunterte Dekan Michael Werner dazu, mit den Gemeinden ins Gespräch zu kommen, zu überlegen und zu schauen, was möglich ist.
Mit Blick auf das geplante Haus der Kirche, sprach Pfarrer Wirsching von einer Chance, die Geschichte der Kirchengemeinde mit einem neuen Haus fortschreiben zu können und mit diesem in der Mitte unserer Stadt präsent zu sein, wo viele Menschen sich begegnen. Und tatsächlich hat dieses Haus in den Planungsmodellen der Kommune bereits seinen Platz, auch wenn bis zur Fertigstellung wohl noch ein Jahrzehnt verstreichen dürfte. Jan Sebastian Herrmann sicherte bei der Umsetzung des Projekts die Unterstützung des Oberkirchenrats zu, und zwar sowohl in Form von Beratungsleistungen als auch bei der Finanzierung (Mittel aus dem Ausgleichsstock).
Allerdings gibt es bei aller Begeisterung auch einen Wermutstropfen: Zwei unserer drei Gemeindehäuser seien in einem Zustand, der aufwendig saniert werden müsse, zumal sich die Landeskirche zum Ziel gesetzt habe, ihre Gebäude bis zum Jahr 2040 treibhausneutral umzurüsten. Deshalb und um die Finanzierung des neuen Hauses im Ortszentrum zu sichern, müsse man sich von diesen Gemeindehäusern trennen.
Von einer Herausforderung, insbesondere in personeller Hinsicht, die in naher Zukunft auf Schulen und Gemeinden zukomme, sprach Schulleiter Folkert Schröder vor dem Hintergrund der Einführung eines Rechtsanspruchs auf Ganztagesbetreuung in den Grundschulen ab August 2026. Eine mögliche Lösung sehe man in der Kooperation mit Kirchen, Vereinen und evtl. Musikschulen. Für unsere Kirchengemeinde stellt sich die Frage, was wir als Kirche anbieten können. Ein Vorschlag war, Angebote wie etwa die Kinderbibelwoche so anzupassen, dass sie in die Betreuungszeiten der Schule passe.
Ihr mit reichlich Zukunftsmusik befasstes Publikum holte unsere Kantorin Michaela Hartmann-Trummer am Klavier zum Schluss der Veranstaltung auf klangvolle Weise in die Gegenwart zurück. Lobende Schlussworte fanden Dekan und Schuldekan. So zeigten sie sich „ganz beseelt“ von unserer Kirchengemeinde und würdigten deren erkennbare Bereitschaft, die Herausforderungen der Zukunft anzugehen.
Birgit Kuhnle