Ev. Kirche Freiberg a.N.

"..., damit ich weiß, dass ihr noch lebt!" Bewegende ökumenische Friedensandacht in St. Maria

 

Das Bild von der verzweifelten Frau mit dem blau-gelben Schal um den Schultern, die da am Rednerpult stand und unter Tränen von der aktuellen lebensbedrohlichen Situation ihrer Familie in der Ukraine berichtete, wird wohl niemand von denen, die am Abend des 1. März zur ökumenischen Friedensandacht in die katholische Kirche St. Maria gekommen waren, so schnell aus dem Kopf bekommen.

Nataliya Bondar stammt aus der Ukraine und ist Kantorin in der griechisch-katholischen Kirchengemeinde der Ukrainer in Stuttgart, sie selbst lebt seit 23 Jahren in Deutschland. In banger Sorge um ihre in Kiew beheimatete Familie rufe sie fast alle zwei Stunden dort an. Die Mutter, die Schwester und deren Kinder, so schilderte Nataliya Bondar mit bewegter Stimme, seien gezwungen in ihrer Wohnung im 4. Stock eines neunstöckigen Gebäudes auszuharren in ständiger Angst bombardiert zu werden. Zu gefährlich sei der Weg in einen zwei Kilometer entfernten Luftschutzkeller oder gar die Flucht aus der bereits von russischen Truppen umgebenen Stadt.

„Sag mir, dass du dir gerade einen Tee aufgebrüht hast, sag mir, dass du dir gerade die Zähne putzt, sag mir, dass du die Katze fütterst, damit ich weiß, dass ihr noch lebt!“ So laute ihre Antwort auf die entmutigte Frage ihrer Schwester, was sie denn immer sagen solle, wenn sie - Nataliya Bondar - sich nach dem Befinden der Familie erkundige.

Ihre Schilderung und ihre eindringliche Bitte an die versammelte Gemeinde, für die Menschen in der Ukraine zu beten, machten deutlich, wie übermächtig die Sorge Bondars um die Familie ist, sie raubt ihr den Schlaf, nimmt ihr die Kraft zur Arbeit zu gehen. Dennoch tue es ihr gut, dass sie hier Solidarität und Mitgefühl erfahre und sei es nur durch ein stummes Kopfnicken, wohl nicht selten eine Reaktion auf ihren Schal in den ukrainischen Nationalfarben, den sie um die Schultern trägt.

Nataliya Bondar war zusammen mit Pfarrer Roman Wruszczak und der Frau dessen Vorgängers zur Andacht gekommen. Auch Wruszczak richtete bewegende Worte an die Versammelten, denen die Betroffenheit angesichts des geschilderten Leids trotz Corona-Schutzmasken deutlich anzumerken war. Gerne wurde die Einladung angenommen, vor dem Altar Kerzen für den Frieden zu entzünden und auf gelben und blauen Tüchern abzustellen, die auf dem Boden im Altarraum ausgebreitet waren.

Weiter wurde der Gottesdienst mit Texten und Liedern zum Frieden und mit Gebeten begangen. Pfarrer Schwab (kath.), Rita Diez (kath.) und Pfarrer Burger (ev.), die zu der Friedensandacht eingeladen hatten, freuten sich, dass trotz des so kurzfristig anberaumten Termins, was leider in der Natur der Sache lag, so viele Menschen erreicht werden konnten: Die Kirche war so voll wie sie unter Einhaltung der Corona-Abstandsregeln nur sein konnte bzw. durfte. Die Kollekte, für die herzlich gedankt wird, wurde Pfarrer Wruszczak mitgegeben als Spende für die unter dem Krieg leidenden Menschen in der Ukraine.

Weitere Spenden werden gerne entgegengenommen auf dem Konto Kath. Stadtdekanat Stuttgart / Ukrainische Gemeinde, IBAN DE63 6005 0101 0004 6461 92,  Verwendungszweck: Spende Ukraine. Auf Wunsch werden Spendenbescheinigungen ausgestellt, bitte anfordern bei Frau Breitbach Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Birgit Kuhnle