Die „Sommerausgabe“ unserer diesjährigen Spätlese-Gottesdienste fand am letzten Junitag in der Amanduskirche statt. Am vom Spätleseteam um Pfarrer Wirsching gut aufbereiteten und, wie sich zeigte, mit vielen Emotionen besetzten Thema „Heimat-Los“ mag es gelegen haben, dass es dem Gottesdienst an Tiefe, aber auch an fröhlichen Tönen nicht mangelte.
In kurzen Interviews kamen zwei Freiberger Urgesteine, Erich Kraut und Helmut Fischer zu Wort, die beide schon von Geburt an und damit rund neun Jahrzehnte im Ortsteil Beihingen wohnen. Außerdem Kateryna Antoniuk, eine junge Frau, die mit Mutter und Sohn vor ca. eineinhalb Jahren aus der Ukraine geflüchtet ist, und Ulrike Matthes-Hinderer, die aus einer übers ganze Bundesgebiet verstreuten Familie stammt und vor rund 30 Jahren „der Liebe wegen“ nach Freiberg gezogen ist.
Angesprochen auf ihre Heimatverbundenheit konnten die Antworten kaum unterschiedlicher ausfallen: Während die beiden Männer, teilweise mit einem Augenzwinkern, die zunächst vorsichtige Annäherung an die, zudem noch katholischen, Flüchtlinge schilderten, die der 2. Weltkrieg nach Beihingen gespült hatte, musste Kateryna, die übrigens gemessen an ihrer kurzen Zeit in Deutschland schon sehr gut Deutsch spricht, zwischendurch um Fassung ringen angesichts der Tatsache, dass sie ihre Heimat erst vor kurzem für ungewisse Zeit hinter sich lassen musste. Gleichzeitig zeigte sie sich sehr dankbar für alle Unterstützung, die sie in Freiberg erfahren hat und nicht zuletzt dank derer ihre Mutter bereits eine feste Anstellung als Krankenschwester innehat. Wohl aufgrund mehrfacher Umzüge in jungen Jahren kamen bei Ulrike Matthes-Hinderer, geboren in Köln, hingegen weniger Heimatgefühle auf, allerdings ist auch sie in den rund 30 Jahren, in denen sie nun schon in Freiberg wohnt und Familie gegründet hat, hier heimisch geworden.
Dass Heimat mit dem Offensein für andere Menschen zu tun hat, die das Leben bereicherten, betonte Pfarrer Wirsching in seinem Impuls. Dies umso mehr, als dass wir auf der Erde keine dauerhafte Heimat hätten, sie vielmehr etwas Fragiles und Zerbrechliches sei, und er zitierte aus dem Hebräer-Brief: „Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.“
Bildbetrachtungen mit Zitaten prominenter Persönlichkeiten zum Thema rundeten den Gottesdienst ab, während ihm die Gitarren- und Gesangs-Einlagen von Frank Schilling und dem Spätlesechor sowie der Solosong von Chormitglied Bernd Wachtler das musikalische Sahnehäubchen aufsetzten. Gelegenheit, sich untereinander und auch mit den zuvor Interviewten noch auszutauschen, gab es im Anschluss bei der Nachlese bei Käse und Wein.
Birgit Kuhnle